Wir leben im Zeitalter der rasanten Informationsübertragung. Information ist immer und überall. Wo man früher erst einen Tag später in der Zeitung las, sich Briefe geschrieben hat oder sich daheim eine Telefonleitung oft mit mehreren Nachbarn teilte, so ist man heute ständig mit den aktuellsten Neuigkeiten versorgt. Ob man am Smartphone schnell seine Twitter Timeline liest, oder ob man am Laptop seinen Facebook Stream begutachtet, man kann mittlerweile aktuelle Geschehnisse, fast in Echtzeit, mitverfolgen. Informationen im Überfluss, immer und überall. Was natürlich auch sehr viele Vorteile hat, bringt aber auch zahlreiche Nachteile. Der Blick fürs Wesentliche fehlt einfach.
Der Blog
Früher, 2006, als ich zu bloggen begann, spielte sich der moderne Informationsaustausch nur auf dem eigenen Blog, und auf Blogs von Leuten die man im Feed Reader hatte, ab. Man kommentierte und verlinkte Beiträge anderer Blogs und erhoffte sich Ähnliches auf dem Eigenen. Man lernte einander bei ersten Treffen kennen, es entstanden sogar teilweise Freundschaften. Ich erinnere mich sehr gerne an diese, gute alte, Zeit zurück. Ich verbrachte täglich mehrere Stunden auf den verschiedensten Blogs, zu unterschiedlichen Themen. Schrieb fast täglich Blogbeiträge, verlinkte zu anderen Blogs oder kommentierte und diskutierte zu spannenden Themen. Man beobachtete gemeinsam die neusten Webstartups, tauschte Erfahrungen aus und stand sich mit Rat und Tat zur Seite. Doch gerade einige dieser Startups waren es, die die so geliebten Webblogs ziemlich alt aussehen liesen.
Facebook, Twitter & co.
Es muss ca. Mitte 2007 gewesen sein als ich mich bei Facebook registrierte. Man sah viele bekannte Gesichter der „Szene“, aber niemanden von „außerhalb“ der Web 2.0 Welt. Man war quasi unter sich, knüpfte erste Kontakte, schloss „Freundschaften“. Mit der Zeit entdeckten die ersten „Normalos“ Facebook, man traf alte Schulfreunde wieder, Arbeitskollegen und so weiter. Die Kommunikation, der Informationsaustausch, alles verlagerte sich immer mehr weg von den Blogs, Richtung Facebook. Natürlich in der Hoffnung den eigenen Blog bekannter machen zu können.
Zeitgleich kamen auch meine ersten Erfahrungen mit Twitter. Zuerst war ich maßlos überfordert. „Was mach ich hier“, „Was soll ich hier“ waren die Fragen die mich zu Beginn beschäftigten. Mein Interesse verschwand und so wurde mein Twitter Account bald wieder gelöscht. Erst 2009 habe ich dann wirklich verstanden worum es ging, und habe mich in der Welt der 140 Zeichen zu Recht gefunden.
Desto größer das Interesse der neuen Medien wurde, desto mehr ungelesene Blog-Beiträge sammelten sich im Feed-Reader. Desto mehr Artikeln wurden angefangen zu schreiben und nie veröffentlicht. Klar, auf Facebook oder Twitter konnte man seinen Mitteilungsdrang viel schneller und unkomplizierter befriedigen. Wenn man sich mein Archiv so ansieht, erkennt man schnell wann wie oft gebloggt wurde. Von November 2006 bis Jänner 2008 verging kaum ein Tag, an dem nicht mindestens ein Beitrag veröffentlicht wurde. Danach kamen immer wieder Phasen, in denen ich versucht hatte an die alte Intensität anzuknüpfen. Nie mit dem erwarteten Erfolg, und so verließ mich auch schnell wieder die Lust. Einer der Hauptgründe war sicherlich dass ich mit dem Blog ansich, nicht zu frieden war. Das Design gefiel nicht, die technischen Möglichkeiten fehlten, alles in allem verbrachte ich mehr Zeit mich um die Technik zu kümmern, als einen neuen Blog Beitrag zu veröffentlichen.
Die Wende?
Im Sommer machte ich mit Freunden zwei Wochen Urlaub in Österreich. Zuerst zu dritt in den Gasteiner Bergern, danach zu fünft eine Woche rund um den Großglockner. Die erste Woche in Gastein hatten wir eine fixe Unterkunft, ich konnte mein Smartphone also täglich laden und konnte es so den Tag über verwenden um ja nichts von den Informationen meines Umfeld zu versäumen. Was tut sich in der Arbeit? Was machen die Freunde daheim? In der ersten Woche wurde mein Verhalten noch belächelt. Die Freunde waren gespannt wie ich die zweite Woche (es war nicht sicher ob wir auf unserem Weg immer zu einer Steckdose kamen) ohne ständigem Informationsabruf überleben konnte. Ich hatte mir sogar noch einen mobilen Akku besorgt, der mein Smartphone unterwegs mit drei vollen Akkuladungen versorgen konnte. Doch nach der ersten Etappe, am ersten Ziel angekommen, war ich einfach nur von der Aussicht überwältigt. Wir saßen auf über 2.000 m und es begann zu schneien, mitten Im August. Am Tag davor noch einen kleinen Sonnenbrand bekommen, bauten wir am ersten Tag unserer Runde kleine Schneemänner. Ich genoss die Ruhe, die Abgeschiedenheit, die Idylle. Ich verstehe mich selbst bis heute nicht, aber in diesem Moment nahm ich mein Handy, drehte es ab und packte es in meinen Rucksack. Die Tage vergingen und ich hatte nie wirklich das Gefühl, etwas zu versäumen. Meine Freunde, jene die mich zuvor noch belächelten, saßen jeden Abend da und telefonierten mit ihren Familien daheim. Nur ich wollte von all dem nichts wissen. Am Ende der Runde, über welche ich sicherlich noch berichten werde, kam ich nicht nur mit knapp 8.00 Fotos, atemberaubenden Eindrücken zu Hause an. Ich kam auch mit der Erkenntnis nach Hause, dass es Zeit wurde mich aufs wesentliche zu beschränken.
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